Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Ein schönes Zeugnis dafür, wie wichtig den Christen der ersten Jahrhunderte die gottesdienstliche Versammlung gewesen ist, liegt uns aus dem beginnenden 4. Jahrhundert vor. Im Februar des Jahres 303 hatte Kaiser Diokletian befohlen, alle gottesdienstlichen Räume zu zerstören und alle gottesdienstlichen Versammlungen zu verhindern. Zu den Gebieten, in denen das Edikt besonders grausam durchgeführt wurde, gehörte Nordafrika. In Karthago stehen am 12. Februar 304 neunundvierzig namentlich aufgeführte Christen mit ihrem Priester vor Gericht, einunddreißig Männer und achtzehn Frauen. Sie sind in Abitinae, einem kleinen Ort bei Karthago, verhaftet worden, während sie an einem Sonntag zur Feier des Gottesdienstes versammelt waren. Der Prozeß endete mit der Hinrichtung aller neunundvierzig Christen. Die "Akten der heiligen Saturinus, Dativus und vieler anderer Märtyrer in Africa" berichten über zwei Verhöre folgendes:

Als nämlich der Prokonsul sagte: "Du hast gegen die Verordnung der kaiserlichen Gebieter gehandelt, um alle diese (Leute) zu versammeln", da antwortete der Presbyter Saturinus auf Eingabe des Geistes des Herrn: "Wir haben unbekümmert (darum) das Herrenmahl gefeiert." Der Prokonsul fragte: "Warum?" Er antwortete: "Weil das Herrenmahl nicht unterbleiben kann . . ." Als aber Emeritus herangeführt worden war, sprach der Prokonsul: "Sind in deinem Haus, entgegen den Verordnungen der Gebieter, Versammlungen abgehalten worden?" Emeritus, erfüllt mit dem heiligen Geist, erwiderte ihm: "Wir haben in meinem Haus das Herrenmahl gefeiert." Darauf sagte jener: "Warum hast du jenen den Zutritt erlaubt?" Er antwortete: "Weil sie meine Brüder sind; ich habe es ihnen nicht verwehren können." - "Aber du hattest die Pflicht, es ihnen zu verwehren." Darauf er: "Ich habe es nicht gekonnt, da wir ohne das Herrenmahl nicht (sein) können" (Acta SS. Saturini, Dativi et aliorum plurimorum martyrum in Africa, 9-11).


Die Christen wußten sich damals verpflichtet, den Tag des Herrn zu feiern, auch wenn dieser Tag kein Tag der Arbeitsruhe war. Zwar herrschten nicht überall ideale Zustände, aber nicht selten nahmen Christen in der Verfolgung für die Teilnahme am Herrenmahl sogar das Martyrium auf sich. Erst äußere politische Veränderungen haben dazu geführt, daß der Tag des Herrn auch als der Tag der Arbeitsruhe eingeführt wurde. Von Kaiser Konstantin wurde im Jahr 321 der Sonntag zum offiziellen Feiertag des Reiches erhoben.

Die Sabbatruhe des Alten Bundes wird im Neuen Bund in den christlichen Sonntag übernommen. Dieser wird durch den christlichen Gottesdienst ausgezeichnet.

Das Verständnis des Sonntags und seine kirchenrechtliche Regelung hat in der Geschichte viele Stationen durchlaufen. Eine Zusammenfassung der Sinngebung des Sonntags bietet heute die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils:
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