Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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Dankens. Davon berichtet schon die Apostelgeschichte: "Als wir am ersten Wochentag versammelt waren, um das Brot zu brechen, redete Paulus zu ihnen . . ." (Apg 20,7). Ein Zweifaches wird hier deutlich: die Zusammenkunft am ersten Tag der Woche und die Feier des "Brotbrechens", das heißt der Eucharistie. Der Sonntag entsteht somit als etwas, das vom Sabbat verschieden ist. So erhält der erste Tag auch einen neuen Namen: "Herrentag". Dieser Name kommt bereits im Neuen Testament vor (Offb 1,10).

Im romanischen Sprachbereich ist der Name "Herrentag" bis heute der Name für den Sonntag geblieben (lateinisch: dies dominica, italienisch: domenica, französisch: dimanche). Die germanischen Sprachen haben diese Umbenennung nicht vollzogen. Sie haben für alle Tage der Woche die Benennung behalten, die ihnen nach bestimmten Gestirnen oder Gestirngöttern zugeschrieben worden sind. Der Tag der Sonne erfuhr eine christliche Umdeutung. In Christus war den Christen die "Sonne der Gerechtigkeit" aufgegangen; theologisch könnte man von Christus als Sonne der neuen Welt sprechen, die einmal den ganzen Kosmos in das neue Licht österlicher Verklärung tauchen wird.

Sonntag - Herrentag - meint zunächst nicht, daß der Mensch an diesem Tag etwas für Gott tun müßte; er besagt vielmehr, daß der erhöhte Herr sich der feiernden Gemeinde in besonderer Weise zuwendet. Am Sonntag feiern die Glaubenden das Geschenk ihrer Erlösung und Neuschöpfung.

Der heilige Augustinus schreibt über den siebten oder letzten Tag der Welt: "Sein Ende wird kein Abend sein, sondern der Herrentag als achter ewiger Tag, der durch Christi Auferstehung geheiligt ist, die nicht nur die ewige Ruhe des Geistes, sondern auch des Leibes vorausgebildet hat. Da werden wir feiern und schauen, schauen und lieben, lieben und preisen. Sieh, das wird das Endziel ohne Ende sein, denn was anderes ist unser Ziel, als zu dem Reiche hinzugelangen, das kein Ende hat" (Vom Gottesstaat, 22,30).

Die Christen waren von früher Zeit an der Überzeugung, daß man ohne Sonntag nicht leben könne (vgl. Ignatius von Antiochien, Brief an die Magnesier 1 f), denn der Sonntag gebe der ganzen Woche und dem Leben aus dem Glauben Richtung und Maß. In einer frühen christlichen Schrift um 100 heißt es: "Am Herrentag des Herrn aber versammelt euch, brecht das Brot und feiert die Eucharistie, nachdem ihr zuvor eure Sünden bekannt habt, damit euer Opfer rein sei. Es soll aber keiner, der mit seinem Nächsten Streit hat, sich mit euch versammeln, bis sie sich ausgesöhnt haben, damit euer Opfer nicht entweiht werde" (Didach‚ 14,12).
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