Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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einen wirksamen Beitrag zur Gestaltung des Wirtschaftslebens zu leisten. Es muß gewährleistet sein, daß sie sich in diesen Organisationen frei betätigen können, ohne Gefahr zu laufen, deswegen Nachteilen ausgesetzt zu sein (vgl. GS 68). Es ist das Recht des einzelnen Arbeitnehmers und Arbeitgebers, sich in Koalitionen (Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände) zu organisieren. Dieses Koalitionsrecht garantiert den Tarifverbänden das Recht und die Freiheit, im Prozeß freiheitlicher Interessenauseinandersetzung und Interessenausgleichung das Arbeitsleben zu ordnen und zu befrieden.

Mittel zur koalitionsrechtlichen Einigung ist der Tarifvertrag. Die Tarifautonomie ist verfassungsrechtlich garantiert. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine absolute Autonomie. Der Staat hat als Garant des Gemeinwohls zum Beispiel darüber zu wachen, daß sich die Tarifpartner in leistungsstarken Branchen oder Gebieten nicht auf Kosten der Leistungsschwachen einigen. Die Partner müssen sich bei ihren Verhandlungen und Vereinbarungen ihrer allgemeinen Auswirkungen und damit der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewußt sein.

Durch die Rahmen- und Entgeltabkommen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen werden Wirtschaft und Gesellschaft im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in einem hohen Maß geregelt und geordnet. Dazu ist sowohl die rechtlich organisatorische Gleichberechtigung als auch das gesellschaftliche Gleichgewicht der Tarifpartner notwendig; weder die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften dürfen der Arbeitgeberseite noch diese der Arbeitnehmerseite die Arbeits- und Lebensbedingungen diktieren können. Beide Seiten müssen in der Lage sein, die je eigenen Interessen wirksam zu vertreten und eine für beide Seiten wie für die Allgemeinheit verantwortbare Lösung zu finden. Diese darf niemals auf Kosten Dritter zustande kommen. Sie muß unter Berücksichtigung der Situation immer auch den Erfordernissen der sozialen Gerechtigkeit und des Gemeinwohls entsprechen.

Wo es durch den Gegensatz wirtschaftlicher und sozialer Interessen zu kämpferischen Auseinandersetzungen (Streik, Aussperrung) zu kommen droht, sind zunächst alle Bemühungen darauf zu richten, eine Verhandlungslösung zu finden. Erst nach vergeblichen Einigungs- und Schlichtungsversuchen sind gleichsam als "letztes Mittel" - unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit
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