Band II - Zweiter Teil Die Gebote Gottes
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im Hinblick auf die Erziehung der Kinder und haben manchmal die subjektive Gewissensüberzeugung, daß die frühere, unheilbar zerstörte Ehe niemals gültig war" (FC 84). Diese unterschiedlichen Situationen und Umstände sollen die Betroffenen in einem aufrichtigen Gespräch mit einem klugen und erfahrenen Seelsorger zu klären, zu beurteilen und zu bewerten suchen, um ihrerseits zu einem verantworteten Gewissensurteil zu kommen.

Der Seelsorger soll sie auch auf die in der Kirche gegebenen Mittel und Wege einer rechtlichen Klärung ihrer Situation hinweisen. In jedem Fall muß bei der Suche nach Hilfen vermieden werden, daß bei den Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung entstehen.

Als schwerer Verstoß gegen die sittliche Ordnung der Ehe gilt in der Kirche von Anfang an der Ehebruch. Die kirchliche Tradition zählte ihn neben Glaubensabfall und Mord zu den schwersten Vergehen (Kapitalsünden).

Manchmal ist Ehebruch ein spontaner Fehltritt; zumeist hat er aber bereits eine Vorgeschichte: fehlendes Gespräch in der Ehe, mangelnde Verarbeitung von Konflikten, Nachlassen in der Aufmerksamkeit füreinander, sexuelle Unerfülltheit in der Ehe, Erfahrungen des Begehrtwerdens durch andere, Einstellung der Umwelt zu Sexualität und ehelicher Treue, familiäre Zerwürfnisse, gesellschaftliche und berufliche Belastungen, Einsamkeit und vieles mehr.

Ein Ehegatte, der erfahren muß, daß der andere Ehebruch begangen hat, empfindet das oft als schwere Beleidigung und als Verletzung der ehelichen Treue, zu der die Ehegatten sich in der Eheschließung aneinander gebunden haben. Deshalb ist Ehebruch eine schwere Verfehlung gegen die eheliche Liebe und Treue, gegen den Bund der Ehe und gegen das Sakrament der Liebe Christi.

Im Alten Testament finden wir in der rechtlichen Regelung der Ehe und des Ehebruchsverbotes eine Entwicklung vor, in der zunächst beide Ehepartner vom Verbot betroffen werden, allerdings beide noch nicht in gleicher Weise. Bei einem außerehelichen Geschlechtsverkehr begeht der Mann nur dann Ehebruch, wenn er mit einer Verheirateten, nicht wenn er mit einer Unverheirateten verkehrt; die Frau aber macht sich in jedem solchen Fall des Ehebruchs schuldig. Allerdings wendet
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